oder wieviel „Erneuerbare Energien“ verträgt das Oderbruch!!!
Es gehört sicherlich seit einiger Zeit zu den viel diskutierten Themen in den kommunalen Gremien
und füllt die Sitzungssäle bei Orts- bzw. Gemeindevertretersitzungen. Die Gemeindevertretung von
Letschin hat sich viele Monate intensiv mit diesem Thema beschäftigt und einen Kriterienkatalog
entworfen der für potenzielle Projektträger eine Richtlinie darstellen soll. In diesem Kriterienkatalog
wurde u.a. eine maximale Flächenbelegung von 253 ha festgehalten. Nun gab es gerade in den
vergangenen Sitzungen der politischen Gremien viele unterschiedliche Auffassungen seitens der
anwesenden Bürgerinnen und Bürger. Wir möchten Ihnen seitens der Fraktion „Wir im Oderbruch“
unsere Sichtweise anhand einiger Fakten darstellen.
1. Alle Beschlüsse der Gemeindevertretung über PV-Freiflächenprojekte in der Gemeinde
Letschin, finden unter den derzeitigen gesetzlichen und politischen Vorgaben und
Regelungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, sowie des
Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg statt. Per PV-
Strategie vom 05.05.2023 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in
einem Beschluss festgelegt, dass bis zum Jahr 2030 der Anteil erneuerbarer Energien am
Bruttostromverbrauch Deutschlands von heute knapp 40% auf 80% verdoppelt werden soll.
(Bruttostromverbrauch = die gesamte Strommenge, die hierzulande verbraucht wird. Brutto
deshalb, weil es auch die Strommenge enthält, die gar nicht an der Steckdose beim
Endverbraucher ankommt, sondern unter anderem beim „Transport“ verlorengeht.)
Mit der Energiestrategie 2040 strebt das Land Brandenburg eine installierte elektrische
Leistung aus PV von 18.000 MW für das Jahr 2030 und 33.000 MW für das Jahr 2040 an.
Insofern hat es sich die Politik an dieser Stelle leicht gemacht, denn die Kommunen müssen
diese Ziele regional umsetzen und sich dem daraus resultierenden Konfliktpotenzial stellen.
2. In der Zeit von 2010 bis 2013 fanden fast 3,5 Jahre lang jeden ersten Sonntag im Monat auf
dem Letschiner Marktplatz Mahnwachen gegen die geplante CO2 Verpressung im
Oderbruch, im Raum Beeskow und in Norddeutschland statt. Viele engagierte Bürgerinnen
und Bürger haben verhindert, dass eine nicht unter bewohntem Gebiet erprobte
Technologie umgesetzt wurde. Damit wurden die Pläne eines Energiekonzernes und der
damaligen Landesregierung vereitelt. Gleichzeitig haben wir uns aber auch gegen die
weitere Verstromung von Braunkohle positioniert, deren Abprodukt das CO2 ist. In diesem
Zuge haben die hiesigen Bürgerinitiativen auch eng mit den Protestbewegungen in der
Lausitz zusammengearbeitet. An dieser Stelle ist in Erinnerung zu rufen, dass für die
Energiegewinnung in der Lausitz, von der wir alle jahrzehntelang profitierten, viele
Menschen litten. Internetrecherchen haben ergeben, dass über 80 Orte und Gemeindeteile
entweder durch Braunkohletagebaue oder durch Kühlwasserreservoirs abgebaggert und
über 30 teilweise devastiert wurden. Diesen Menschen wurde nicht nur ihre Heimat
genommen, man hat Ihnen auch die Geschichte ihrer Dörfer genommen. Insofern hat die
Gemeinde Letschin zur Verhinderung weiterer Verluste von Ortschaften in den
Braunkohleregionen, gerade auch aus Sicht der Verhinderung von CO2 Verpressungen
Verantwortung übernommen. Diese besteht in der Verpflichtung einen Anteil von 253 ha für
die Energieerzeugung zur Verfügung zu stellen.
3. Eine der ständigen Grundsatzdiskussion thematisiert die Unbrauchbarmachung fruchtbarer
Böden zum Zwecke der Energiegewinnung. Diese sollten lieber für die Produktion von
Lebensmitteln genutzt werden. Vor vielen Jahren gab es immer die Aussage vom „Landwirt
zum Energiewirt“, das wird heute leider oft vergessen. Man könnte aber auch ausfolgenden
Gründen die Behauptung der kostbaren Böden für die Nahrungsmittelproduktion
widerlegen. Laut Beschluss der EU – Kommission müssen ab 2023 in ganz Europa alle
landwirtschaftlichen Betriebe größer als 10 ha 4% ihrer Flächen stilllegen (nichtproduktive
Flächen). 2022 bewirtschafteten in Deutschland 35.396 Betriebe eine landwirtschaftlich
genutzte Fläche von 16,6 Millionen Hektar. Geht man von dieser Fläche aus, dann wären die
4% bei 16,6 Millionen Hektar Fläche = 664.000 ha x 6,1 t/ha (Ertrag/ha Weizen EU
Durchschnitt) = 4.050.400 t Weizen/Jahr die nicht angebaut werden. Wenn wir also so einen
Lebensmittelbedarf hätten, würden wir nicht 4% unserer Flächen stilllegen lassen.
4. Es gibt zu Recht die Argumentation der ungerecht verteilten Netzkosten. Da wo viel Strom
produziert wird, sind die Netzkosten höher. Hier hat die Bundesnetzagentur ein
Eckpunktepapier zur Verteilung der Mehrkosten veröffentlicht. Ziel soll eine Entlastung in
Form einer Umverteilung der Regionen sein, in der viel Strom produziert wird. Die
Bundesnetzagentur beabsichtigt eine Festlegung zur sachgerechten Verteilung der
Mehrkosten im dritten Quartal 2024 zu erlassen. Diese soll dann frühstens zum 01.01.2025
in Kraft treten.
5. Und sicherlich sind auch die zu erwarteten Einnahmen entsprechend dem §6 des EEG 2023
zu betrachten. Wir als Gemeindevertreter möchten aktiv gestalten, ohne der ständigen
Abhängigkeit von Fördertöpfen zu unterliegen. Dazu gehört die Entwicklung der
Infrastruktur, der Kindereinrichtungen, Schulen, Vereine kommunaler Einrichtungen und
vieles mehr. Leider gehört die Gemeinde Letschin aber nicht zu den reichen Kommunen wie
sie es in Bayern, Baden-Württemberg oder Hessen gibt. Dort werden hohe
Gewerbesteuereinnahmen durch große Industrieunternehmen erzielt. Um aber auch in der
Gemeinde Letschin gestalten zu können, müssen wir eben auch mit Einnahmen aus
Projekten der erneuerbaren Energien planen. Oft werden unsere Entscheidungen falsch
interpretiert. Wer sich aber intensiver mit dem Gemeindehaushalt beschäftigt wird merken,
dass die Belastungen für Kommunen immer größer und die Einnahmen immer geringer
werden.
6. Sicherlich sind dies nur einige Argumente, wir als Fraktion werden weiterhin mit Augenmerk
Entscheidungen zu diesem Thema treffen. Dazu gehört auch das Ablehnen von Projekten,
wenn Kriterien nicht eingehalten werden, bzw. es zu einer regionalen Häufung von
Projekten kommt.
Fraktion Wir im Oderbruch